Zum Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention 

Seit dem 1. Februar 2018 ist in Deutschland das rechtlich bindende „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ in Kraft. Mit dem auch als Istanbul-Konvention bekannten völkerrechtlichen Vertrag sollen verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt gegen Frauen und gegen häusliche Gewalt geschaffen werden.

Anfrage (Drucksache 19/14677, vom 01.11.2019)

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Fühlt sich die Bundesregierung als Unterzeichnerin der Istanbul-Konvention verantwortlich, eine zeitnahe Umsetzung der Konvention in Deutsch-land voranzutreiben und dafür alles in ihrer Hand Mögliche zu tun? Wenn ja, warum hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten der Konvention am 1. Februar 2018 nach Auffassung der Fragesteller keine nennenswerten Fortschritte dahin gehend erzielt, insbesondere was diejenigen Punkte an-betrifft, die die Bundesregierung selbständig ohne die Abstimmung mit den Ländern hätte angehen und umsetzen können?

2. Wie bewertet die Bundesregierung den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention auf Ebene des Bundes sowie der einzelnen Bundesländer, und welche konkreten Handlungsmaßnahmen plant die Bundesregierung auf der Grundlage ihrer Bewertung?

3. Kann die Bundesregierung bestätigen – beispielsweise durch den Aus-tausch im Rahmen des Runden Tisches, dass die Bundesländer bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention die Unterstützung des Bundes in Form einer rahmengebenden Funktion fordern, wie den Fragestellern aus Gesprächen mit Verbandsvertretern und Mandatsträgern und Mandatsträgern aus verschiedenen Bundesländern bekannt wurde? Wenn ja, wie geht die Bundesregierung damit um, und wie will sie dem gerecht werden? Wenn nein, welche sonstigen konkreten Erwartungen werden seitens der Bundesländer im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention an die Bundesregierung herangetragen?

4. Gibt es für die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgehaltene Umsetzung der Istanbul-Konvention eine Gesamtstrategie oder einen Nationalen Aktionsplan des Bundes (die bzw. der den Rahmen für die Umsetzung in den Ländern steckt)?Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? Wenn ja, in welcher Form, in welchem Umfang, mit welcher Laufzeit, unter Beteiligung welcher Akteure und in welcher finanziellen Ausstattung (bitte erläutern)?

5. Führt die Bundesregierung im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention eine Bedarfsanalyse durch? Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? Wenn ja, in welcher Form, in welchem zeitlichen und inhaltlichen Umfang, und wann liegen die Ergebnisse vor?

6. Hält die Bundesregierung eine Bedarfsanalyse im Rahmen bzw. zur Vorbereitung der Umsetzung der Istanbul-Konvention für relevant? Wenn ja, wie, wann, und durch wen erfolgt diese, und gibt es dabei einen einheitlichen Prozess bzw. einheitliche Parameter für alle Bundesländer? Wenn nein, warum nicht, und auf welcher Grundlage erarbeitet die Bundesregierung dann ein Konzept (bitte begründen)?

7. Werden die Fortschritte in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen evaluiert, die konkret auf die Umsetzung der Istanbul-Konvention zurückzuführen sind? Wenn ja, wann, in welcher Form, und anhand welcher Kriterien? Wenn nein, warum nicht?

8. Welche Zahlen, Daten, Studien und Untersuchungen zieht die Bundesregie-rung bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention zu Rate?

9. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ausreichend belastbares Zahlen-material für eine bedarfsorientierte und bedarfsdeckende Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Verfügung steht, und wenn ja, bitte darlegen und begründen? Wenn nein, was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Frauenhausplätze deutschlandweit fehlen? Wenn nein, warum nicht, und ist die Bundesregierung der Meinung, dass sie diese Zahlen für eine bedarfsgerechte Umsetzung der Istanbul-Konvention in Zusammenarbeit mit den Ländern nicht benötigt (bitte begründen)? Wenn ja, wie viele sind das (bitte nach Bundesländern und Bezirken auf-schlüsseln)?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, aus welchen Gründen Frauen bei Frauenhäusern abgewiesen werden (bitte nach Bundesland, in absoluten und prozentualen Angaben auflisten)? Drucksache 19/14677– 2 –Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

12. Plant die Bundesregierung die Einrichtung einer (bundesweiten) Koordinierungsstelle für die Umsetzung der Istanbul-Konvention? Wenn ja, wann, und wo soll diese verortet sein, und welche Aufgaben soll sie konkret übernehmen? Wenn nein, warum nicht, und plant die Bundesregierung eine alternative Lösung (bitte begründen)?

13. Welche zuständigen Bundesressorts und entsprechenden Referate übernehmen derzeit die Aufgaben der in der Konvention geforderten Koordinierungsstelle wie dies die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/7816 äußerte?

14. Welche konkreten Aufgaben werden dabei von wem übernommen, und für welche in der Konvention genannten Aufgaben sieht die Bundesregierung die Zuständigkeit bei den Ländern?

15. Zu welchem Ergebnis kam die, ebenfalls in der Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/7816 genannte Prüfung, „ob und durch welche strukturellen Maßnahmen sich die Koordinierung […] auf Bundesebene noch weiter verbessern [lässt]“?

16. Plant die Bundesregierung, eine unabhängige Monitoringstelle auf Bundes-ebene einzuführen? Wenn ja, wann rechnet die Bundesregierung damit, dass die intensive Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zu einem Abschluss kommen, was sind die Inhalte dieser Abstimmung, und warum dauert dieser Abstimmungsprozess schon so lange, und welche Aufgaben wird die unabhängige Monitoringstelle konkret übernehmen? Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung dies, und plant die Bundesregierung eine alternative Lösung?

17. Wie lauten die konkreten Förderleitlinien für das bereits angelaufene Investitionsprogramm, und welches Gremium hat sie wann erarbeitet?

18. Wo genau findet sich die von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Dr. Franziska Giffey im Rahmen der Vorhabenplanung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages im Januar 2019 angekündigte Regiestelle für die Umsetzung der Istanbul-Konvention sowohl in der praktischen Umsetzung als auch in der Haushaltsplanung für das Jahr 2020?

Hier sind die Originalschriftstücke zum Download

Kleine Anfrage-1914677-Istanbul-Konvention

Antwort-1914677-Istanbul-Konvention