Lindau. Obstbauer Martin Nüberlin lud die beiden FDP-Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer und Stephan Thomae, den Präsident des schwäbischen Bauernverbandes, Alfred Enderle, und die Kreisbäuerin Sonja Müller zu einem landwirtschaftlichen Dialog ein. Nüberlin erklärte, dass das „grüne Mäntelchen der Politiker“ die Bauern stark schmerze und für große Verzweiflung beim gesamten Berufsstand sorge. Er wünsche sich praxisnahe Politik, andernfalls überlebe die Branche nicht mehr lange. „Während des Lockdowns haben wir gemerkt, welch großes Vertrauen die Menschen in die regionale Landwirtschaft haben“, berichtete Nüberlin. Wenn eine Not herrsche, werde nicht mehr jeder Cent umgedreht, sondern für heimische Lebensmittel angemessene Preise bezahlt.

Thomae forderte, dass die Landwirtschafts- und Umweltpolitik sich nicht an der „städtischen Wohlfahrtsgesellschaft“ orientieren dürfe, sondern praxisnah und unbürokratisch sein müsse. Eine staatlich verordnete Bio-Quote lehnte Thomae ab: „Egal, ob bio oder konventionell – jeder soll seinen Betrieb so bewirtschaften, wie er es für richtig hält.“ Generell fuße die Politik viel zu sehr auf pauschalen Urteilen: „Bei uns wird Glyphosat deshalb verboten, weil es irgendwo auf der Welt falsch eingesetzt wird. Das bedeutet aber nicht, dass es die bayerischen Bauern falsch einsetzen!“

Auch Bauer bemängelte den mangelnden Weitblick der Politik beim Thema Landwirtschaft: „Nur von Legislatur zu Legislatur zu denken und bei jedem Gegenwind gleich umzufallen hat zu genau der Situation geführt, in der wir uns heute befinden.“ Es könne nicht sein, dass Verordnungen, Bürokratie und staatliche Vorschriften in Deutschland stetig mehr werden. „Die Bauern hierzulande werden immer mehr in die Enge getrieben, sodass viele Familienbetriebe aufhören“, kritisierte Bauer. Statt Sinnvolles in die deutschen Gesetze zu übernehmen und einen Wandel langsam herbeizuführen, verstehe sich die Regierung bei der Gesetzgebung lediglich als Erfüllungsgehilfe der EU. Dabei sei es sehr wohl möglich, die deutschen Bauern auf EU-Ebene zu stützen und die Landwirtschaft wettbewerbsfähig zu machen, beispielsweise mit einem EU-weiten Tierwohllabel statt nur einem nationalen.

Enderle beanstandete, dass der einzelne Landwirt kaum mehr zähle: „Es wird nur eine Bewirtschaftungsform festgelegt – aber ob das für den jeweiligen Bauern richtig ist, interessiert keinen mehr.“ Bauer meinte, dass sich die bayerische Landwirtschaftsministerin immer herausredete, dass die Verantwortung in Berlin läge. Die Zuschauer fragten daraufhin: „Wo bleibt die Glaubwürdigkeit der Politik?“