Hemmnisse bei der landwirtschaftlichen Direktvermarktung   

Dem Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge steigt der Anteil der Verbraucherinnen und Verbraucher, die „verstärkt auf saisonale Produkte mit kurzen Transportwegen zurückgreifen“ möchten. 83 Prozent der Befragten ist die regionale Herkunft der Lebensmittel wichtig bzw. sehr wichtig [Deutschland, wie es isst – der BMEL-Ernährungsreport 2020, 29. Mai 2020, https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport2020.html(letzter Aufruf: 19. Dezember 2020, 8.10 h)].Die landwirtschaftliche Direktvermarktung bietet durch die Nähe zum Erzeuger eine hervorragende Möglichkeit, diesen Ansprüchen der Konsumentinnen und Konsumenten gerecht zu werden. Auf Seiten der Landwirte werden jedoch beispielsweise immense bürokratische Hürden durch strenge Auflagen hinsichtlich Hygiene, Dokumentationspflichten, Produktkennzeichnung etc. beklagt [vgl. Haser, Daniel: Die 10 häufigsten Probleme in der Direktvermarktung, Ärnteblog, 9. Juli 2020, https://aernte.de/vertrieb-praxis/die-10-haeufigsten-probleme-in-der-direktvermarktung/ (letzter Aufruf: 18. Dezember 2020, 8.00 h)]. Der eigenen Erzeugung von Fleisch- und Wurstprodukten stehen oftmals die hohen Investitionskosten für Schlachtstätten entgegen, ebenso wie die Notwendigkeit eines separaten Sachkundenachweises für bestimmte Tierarten. Diese Sachkundenachweise sind in Deutschland bereits erforderlich, wenn nur wenige Tiere der betreffenden Tierart geschlachtet werden, in Österreich hingegen erst ab einer bestimmten Anzahl geschlachteter Tiere pro Jahr [vgl. Hohe Hürden auch in Franken: Warum es Hofläden so schwer haben, inFranken.de, Coburg, 14. August 2020, https://www.infranken.de/lk/coburg/hohe-huerden-fuer-hoflaeden-art-5052594 (letzter Aufruf: 16. Dezember 2020, 16.20 h)].Auf Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere derer, die in den Städten leben, stellt sich oftmals das Problem, dass ihre Wohnorte sehr weit weg liegen von den Höfen der Erzeuger. Folglich ist für die einzelnen Konsumentinnen und Konsumenten die Strecke für den regelmäßigen Einkauf zu weit zu fahren. Bei der alternativen Lieferung der Lebensmittel zu den Verbrauchern ist jedoch der Transport- und Verpackungsaufwand sehr hoch, der notwendig ist, um die Kühlkette nicht zu unterbrechen. Für die dargestellten Probleme existieren aber auch innovative Lösungsansätze. So gibt es beispielsweise Apps, welche die Erfüllung der Dokumentationspflichten rund um die Packstelle für Eier erleichtern [vgl. Haser, Daniel: Die 10 häufigsten Probleme in der Direktvermarktung, Ärnteblog, 9. Juli 2020, https://aernte.de/vertrieb-praxis/die-10-haeufigsten-probleme-in-der-direktvermarktung/(letzter Aufruf: 18. Dezember 2020, 8.00 h), vgl. Chicks Funktionen, https://www.chicksapp.de/funktionen(letzter Aufruf: 21. Dezember 2020, 11.30 h)]. Außerdem werden bereits digitale Direktvermarktungsplattformen betrieben, wie z. B. „Pielers“ [vgl. Rüweling, Anja: Pielers Plattform-Prinzip, f3, 12. März 2020, https://f3.de/pielers-plattform-prinzip/ (letzter Aufruf: 17. März 2020, 17 55h)] oder „Marktschwärmer“ [Marktschwärmer, BZfE, https://www.bzfe.de/inhalt/marktschwaermer-31084.html (letzter Aufruf: 18. März 2020, 9.00 h)].

Kleine Anfrage (Drucksache 19/27468, vom 10.03.2021)

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was sind im Hinblick auf Direktvermarktung konkret Hemmnisse auf Sei-ten der Landwirte, die aus Sicht der Bundesregierung in den Bereichen Bürokratie, Baurecht und Hygiene-Vorschriften kritisch hinterfragt und ggf. abgebaut werden sollten (vgl. Bundestagsdrucksache 19/14932, S. 6)?

2. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits ergriffen, um diese Hemmnisse auf Seiten der Landwirte abzubauen, und welche weiteren diesbezüglichen Maßnahmen plant die Bundesregierung?

3. Kennt und wie bewertet die Bundesregierung die österreichischen Regelungen, nach denen ein separater Sachkundenachweis erst ab einer bestimmten Anzahl geschlachteter Tiere pro Jahr notwendig ist, und plant die Bundesregierung eine entsprechende Anpassung der deutschen Rechtslage nach österreichischem Vorbild? Wenn nein, warum nicht?

4. Was sind aus Sicht der Bundesregierung die wesentlichen Hemmnisse auf Seiten der Verbraucher, die dem Kauf regionaler Produkte bei landwirtschaftlichen Direktvermarktern entgegenstehen und mit welchen Maßnahmen tritt die Bundesregierung diesen Hemmnissen entgegen?

5. Mit welchen Maßnahmen kann aus Sicht der Bundesregierung die Direktvermarktung speziell für Landwirte erleichtert werden, deren Höfe weiter weg liegen von größeren Orten oder Städten mit einer potentiell höheren Nachfrage?

6. Plant die Bundesregierung die Umsetzung solcher Maßnahmen (siehe Frage 5), mit denen die Direktvermarktung für Landwirte erleichtert wird, deren Höfe weiter entfernt sind von größeren Ortschaften? Wenn nein, warum nicht?

7. Hält die Bundesregierung eine staatliche Kommunikationsoffensive mit dem Ziel, durch Weiterbildungsangebote, Tagungen etc. Landwirten den Einstieg in die Direktvermarktung einfacher und attraktiver zu machen, für ein geeignetes Mittel, die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse weiter auszubauen, und plant sie entsprechende Maßnahmen? Wenn nein, warum nicht?

8. Unterstützt die Bundesregierung Direktvermarkter bzw. Zusammenschlüsse von Direktvermarktern beim Aufbau einer geeigneten Lieferlogistik vom Land in die Städte? Wenn nein, warum nicht?

9. Wie unterstützt die Bundesregierung die Entwicklung und Anwendung von Apps, die den Aufwand der Direktvermarkter zur Erfüllung der Dokumentationspflichten reduzieren sollen?

10. Welche baurechtlichen Hemmnisse im Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung sind der Bundesregierung bei der Errichtung von Vending-Automaten zur landwirtschaftlichen Direktvermarktung bekannt und wie will die Bundesregierung diese Hemmnisse abbauen?

Hier sind die Originalschriftstücke zum Download

Kleine Anfrage-1927468-landwirtschaftliche-Direktvermarktung

Antwort-1927468-landwirtschaftliche Direktvermarktung