Landkreis/Landshut. Mit der Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer (FDP) beginnen wir heute unsere Reihe von Interviews mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises Landshut-Kelheim. 2017 zog die Veldenerin erstmals in den Bundestag ein.
CDU/CSU knapp vorne, Grüne und SPD fast gleichauf, die FDP könnte bei Koalitionsverhandlungen das Zünglein an der Waage sein. Wie lässt sich ein Desaster wie bei den Sondierungen nach der Bundestagswahl 2017 verhindern?
Nicole Bauer: Für die FDP war 2017 der Weg in die Opposition nach wie vor die richtige Entscheidung, um nicht die eigenen Inhalte über Bord zu werfen, für die uns die Bürger ihre Stimme gegeben haben. Jetzt gilt es, nach vorne zu schauen. Unser Ziel ist es, als drittstärkste Kraft in den Deutschen Bundestag einzuziehen und unsere liberalen Konzepte für ein starkes, zukunftsfähiges Deutschland in Regierungsverantwortung umzusetzen.
Neben der Corona-Pandemie beherrschen derzeit Fluten und Waldbrände die Nachrichten. Wie möchte die FDP dem Klimawandel begegnen – jenseits von potenziellen zukünftigen Technologien, sondern mit den Mitteln von heute?
Bauer: Wir als FDP wollen schnellstmöglich einen CO2-Zertifikatshandel über alle Sektoren und mit der positiven Anrechnung der CO2-Bindung in Land- und Forstwirtschaft einführen. Der Handel mit CO2-Zertifikaten bietet ein marktwirtschaftliches Mittel der Reduktion des Ausstoßes. Hierdurch kann ohne übertriebene Eingriffe des Staates, welche in der Vergangenheit häufig langfristig gesehen nur massive Verteuerungen mit sich brachten, die Richtungswirkung der Wirtschaftlichkeit aktiviert werden. Zudem benötigen wir eine wissenschaftlich datenorientierte Herangehensweise anstelle eines ideologiegetriebenen Aktionismus der letzten Jahre, denn es bedarf einer nachhaltigen Veränderung durch Innovationen und neue Technologien.
Die FDP möchte die Wirtschaft nach der Coronakrise „entfesseln“. Dafür soll die Unternehmenssteuerlast auf 25 Prozent gesenkt und die Gewerbesteuer abgeschafft werden. Wie soll das gegenfinanziert werden, gerade im Hinblick auf die für Kommunen wichtige Gewerbesteuer?
Bauer: Um die deutsche Wirtschaft zu „entfesseln“, will die FDP vor allem die Bürokratieentlastung vorantreiben. Im Hinblick auf „Entlastungen“ wollen wir die Unternehmenssteuerlast unter 25 Prozent und die Abgabensteuer unter 40 Prozent senken sowie die Bagatell- und Lenkungssteuern abschaffen. Außerdem lehnen wir eine Verschärfung der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer strikt ab. Die Gewerbesteuer abzuschaffen, bedeutet zugleich, eine neue Grundlage für die Finanzierung der Kommunen zu schaffen. Das wollen wir durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Körperschaftssteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie durch einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer erreichen.
Wenn Sie ein Thema maßgeblich umsetzen könnten, welches wäre es und was würden Sie tun?
Bauer: Mir liegt das Thema „Sozialer Aufstieg“ besonders am Herzen. Ganz konkret bedeutet das für mich Chancengerechtigkeit für alle Menschen in unserem Land, daher möchte ich auch alles tun, um das Aufstiegsversprechen zu erneuern. Ich möchte jedem Einzelnen die passenden Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, um selbstbestimmt leben zu können. Dazu zählt eine Bildungsoffensive, die Entlastung des Mittelstands und der Landwirte durch Entbürokratisierung und Digitalisierung sowie eine strikte Ablehnung von pauschalen Verboten von Verbrennungsmotoren oder auch Motorradfahrverbote.
Welche lokalen Themen wollen Sie im Falle Ihrer Wiederwahl nach Berlin nehmen?
Bauer: Die Herausforderungen, die bei vielen Firmenbesichtigungen und Besichtigungen landwirtschaftlicher Betriebe an mich herangetragen werden, nehme ich mit nach Berlin. Wir haben eine Vielzahl an innovativen Betrieben. Bürokratie und immer mehr Auflagen stehen diesen jedoch im Weg. Zugleich brauchen wir eine zukunftsorientierte, wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft. Für ein zukunftsfähiges, technologieoffenes Land müssen wir auch Innovationen wie einem Wasserstofftechnologietransferzentrum in unserer Region entgegenblicken. Zudem setze ich mich dafür ein, den Konverterstandort für den Süd-Ost-Link auf dem ehemaligen Kernkraftwerksgelände zu errichten, um den Flächenverbrauch auf bestem Ackerland zu reduzieren. Die Schulen brauchen einen Digitalpakt und einen zukunftsfähigen Bildungsförderalismus. Unter der Pandemie hat ebenso die Kulturbranche gelitten, deren Hürden in der Region ich auch mit nach Berlin nehme, um diese zu bewältigen.
Sie haben jetzt Ihre erste Legislaturperiode hinter sich. Wie empfanden sie als junge Frau die Zusammenarbeit?
Bauer: In meiner ersten Legislaturperiode konnte ich mit viel Freude und Leidenschaft sowie in sehr guter Zusammenarbeit mit meinen Kollegen aus der Opposition heraus Impulse zu Veränderungen geben. Hier möchte ich ansetzen und bin motiviert, im kommenden Bundestag in Regierungsverantwortung unsere liberalen Ideen einzubringen und viele politische Veränderungen für die Zukunft mitzugestalten.
Interview: Stefanie Platzek